Donnerstag, 16. April 2015

Die Welt verändert sich - Fernsehserien


Verrückt, ich bin alt, alt genug, um über historische Veränderungen nicht nur kühl-interessiert in Büchern zu lesen, sondern sie ganz direkt & körperlich zu durchleben. Die Umbrüche der menschlichen Geschichte verändern direkt mein Leben, meine Möglichkeit zu leben, mich. 
Der Zusammenbruch der sozialistischen Ideologiesysteme, die Digitalisierung unserer Kommunikation, wechselnde und sich doch nahezu wiederholende Moden & Musikstile, wissenschaftliche Fortschritte der bewundernswertesten und die der beängstigenden Art, die Neuformung unserer Alltagssprache, die blitzschnelle Umlenkung des Kalten Krieges von Ost gegen West zu Christlich-Jüdisch gegen Islam, gigantische Veränderungen innerhalb eines, weltgeschichtlich gesehen, doch ziemlich kurzen Lebens. 
Als ich 2007 für einige Zeit nach Kanada auswanderte, nahm ich all meine Musik auf einer Festplatte mit, noch zwanzig Jahren früher hätte ich dafür einen Großcontainer mit Schallplatten transportieren müssen und heute, acht Jahre später ist das Speichermedium um ein Vielfaches geschrumpft und die Möglichkeit des Speicherns in der Cloud lasse ich dabei schon beiseite.
War in meiner Jugend noch der Besitz eines eigenen Telephons ein Privileg, das ich mir noch 1979 mit einem grandios gespielten Weinkrampf in der anschlußvergebenden Amtsstelle der Deutschen Post (DDR) ergaunerte, bin ich heute beunruhigt, wenn ich mein tragbares Gerät für einen kurzen Erledigungsgang nicht bei mir habe. Gut, weil ich weiß, dass Hilferufe immer möglich sind, irritierend weil mir Unwichtiges immer schwerer von Wichtigem zu unterscheiden wird.
Heute habe ich einen Brief geschrieben, mit einem Kugelschreiber auf Briefpapier, und noch vor kurzem war mein Mailordner täglich prall gefüllt, heute errreichen mich Nachrichten meist über SMS, Chat, Skype, Face Time oder Facebook. Twitter mag ich nicht und Instagram ist mir zu bildreich.
Ja, und die Fernsehserien. Johanna, das Kind, guckte vielleicht zweimal die Woche in den Apparat mit dem flimmernden gläsernen Fenster. Meine Mutter nutzte das Fernsehguckendürfen noch als aktive Erziehungsmaßnahme. Vor wenigen Jahren noch fieberte ich guten Folgen meiner Lieblingsserien entgegen und erlitt geduldig oder genervt die peinigenden & unvermeidbaren Werbepausen, jetzt streame ich, was mich interessiert, genau das, was ich gerade sehen will, genau dann, wann ich es will. Sofortige Erfüllung meines Begehrens oder ein zunehmender Mangel an Konzentration & Interesse? Ich weiß es nicht. Ich liebe Veränderungen und mißtraue dem allgemeinen Kulturpessimismus. "Früher" war nix besser, es war nur anders. 
Aber wenn meine Mutter ergebnislos mit dem Finger auf ihren PC-Bildschirm tippt, weil sie mich bei der Bedienung meines iPhones beobachtet hat und meine zehnjährige Nichte selbstverständlich und viel schneller als ich, mein iPhone bedient, wird mir klar, wie hart es ist, nicht aus der Zeit zu fallen.
Kurz nach dem Ende der DDR, Geldautomaten waren noch neu, stand ich ungeduldig in einer Warteschlange, eine ältere Frau steckte ihre Karte in den richtigen Schlitz und beantwortete die auf dem Bildschirm erscheinende Frage nach ihrer Geheimnummer mit einem geflüsterten "3 7 9 1". Irgendwo in der Maschine sitzt doch ein Mensch, oder?
Gleichzeitig empört mich, die arrogant-dümmliche Annahme jugendlicher Personen, dass ich nicht in der Lage bin, ihre Jugendlichkeit, ihre Akutheit nachzuvollziehen.
Vielleicht bedeutet Älterwerden nur, dass man wenn man Acht gibt, besser auswählt.
 
Serien, die ich mag:
The Americans
Masters of Sex
Queer as Folks
Game of Thrones
Weeds
....
und die, die mir noch bevorstehen:
Lost
Breaking Bad
The Wire
....


http://www.stern.de/wissen/mensch/genetik-menschliche-evolution-nimmt-fahrt-auf-604988.html
nnn

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