Montag, 29. Oktober 2012

Der Tod und das Mädchen



DER TOD UND DAS MÄDCHEN


Für immer! Nimmer! Pierre-Eugène-Emile Hébert 1828–1893


Von des Teuffels vergifften Zung,
Hat der Tod sein Ursprung,
Herrschet über die Menschen gantz:
Wir müssen all an seinen Tantz.

Eva ist vast schuldig dran,
Sie gab den Tod auch ihrem Mann,
Deß müssen wir groß leyden Noht,
Dann daher kommt der bitter Tod.

Der Todten-Tantz, wie derselbe in der weitberühmten Stadt Basel, als ein Spiegel Menschlicher Beschaffenheit, gantz künstlich mit lebendigen Farben gemahlet, nicht ohne nutzliche Verwunderung zu sehen ist. 1786

Matthias Claudius lassen wir diesmal aus, den hatten wir schon. Aber Schiele muß sein.


Egon Schiele Der Tod und das Mädchen 1915
Wer hält da wen?

Das Mädchen und der Tod

Dies flüssig grüne Gold heißt Gift und tötet.
Wie gut es riecht: wie wenn der wilde Wind
In den Akazienbäumen irr sich fängt,
Dann geht man still im Mond auf weichen Blüten ...
Vielleicht ist Totsein solch ein lautlos Wandern
Durch fremde leere Länder ohne Schlaf,
Auf stillen Brücken über grüne Wasser
Durch lange schwarze, schweigende Alleen,
Durch Gärten, die verwildern ...
Und endlich komm ich an das Haus des Todes:
Im großen Saale ist ein großer Tisch
Aus grünem Malachit; den tragen Greifen.
Da sitzt der Tod zu Tisch und läd mich ein
Und Pagen viel mit feinen schmalen Händen
Und Schuh'n aus schwarzem Samt, die lautlos gleiten.
Die tragen wunderbare Schüsseln auf:
Ja, ganze Pfauen, Fische silberschuppig
Mit Purpurflossen, in den feinen Zähnchen
(Die sind vergoldet) stecken Lorbeerreiser
Und Trauben mit goldrotem Rost und offen
Granatäpfel, die auf weichen Kissen
Von frischen Veilchen leuchten, und der Tod
Hat einen Mantel an aus weißem Samt
Und setzt mich neben sich
Und ist sehr höflich ...

Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Band 1: Gedichte, Dramen, Frankfurt a.M. 1979, S. 161-162.

Hans Baldburg Grien Der Tod und das Mädchen 1517

Mädchen-Klage

Diese Neigung, in den Jahren,
da wir alle Kinder waren,
viel allein zu sein, war mild;
andern ging die Zeit im Streite,
und man hatte seine Seite,
seine Nähe, seine Weite,
einen Weg, ein Tier, ein Bild.

Und ich dachte noch, das Leben
hörte niemals auf zu geben,
daß man sich in sich besinnt.
Bin ich in mir nicht im Größten?
Will mich Meines nicht mehr trösten
und verstehen wie als Kind?

Plötzlich bin ich wie verstoßen,
und zu einem Übergroßen
wird mir diese Einsamkeit,
wenn, auf meiner Brüste Hügeln
stehend, mein Gefühl nach Flügeln
oder einem Ende schreit.

Rainer Maria Rilke Neue Gedichte 1907


Hier doch noch der Claudius, vertont von Schubert, gesungen von Jessye Norman

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