Dienstag, 24. Januar 2012

Mike Nichols - Angels in Amerika - Eine schwule Phantasia über nationale Themen


Engel in Amerika
Eine schwule Phantasia über nationale Themen
Angels in America
A gay fantasia on national themes
Geschrieben von Tony Kushner

Ich habe das Stück in zwei verschiedenen Inszenierungen am Theater gesehen und war beide Male nicht wirklich froh mit dem, was ich da gesehen hatte, zu angestrengt, zu gut gemeint, zu rational, zu beabsichtigt. Ich spürte, das da noch eine barocke, überbordende, spirituelle Ebene in dem Stück steckte, vor der sich die Macher gedrückt hatten. Und beide Abende hatten einen tiefen, ungebrochenen Ernst, der mir ungemütlich war.
Dann bekam ich die DVDs mit Mike Nichols Fernseh-Verfilmung, 6 Stunden Spieldauer - ja vielleicht ein Stündchen zu lang - aber die restlichen fünf Stunden sind prall voll mit Komik und Absurdität, grandiosen Schauspielern, die sich an die Grenzen des Lächerlichen wagen, politisch konkretem Zorn und wagemutiger Tragik. Eine Fantasia - jetzt hatte ich den Untertitel verstanden.


Ich zitiere die Seite Serien-Junkies, mit dem Versuch einer Inhaltsangabe:
Amerika, in den 80er Jahren. Ronald Reagan ist Präsident. Der 30-jährige New Yorker Homosexuelle Prior erkrankt an Aids, worauf ihn sein jüdischer Freund Louis verlässt. Louis, von Schuldgefühlen geplagt, fängt eine Affäre mit dem streng gläubigen Mormonen Joe an. Der wiederum ist ein Schützling des berühmten, erzkonservativen Anwalts Roy Cohn – auch er ein heimlicher Homosexueller, der sich mit Aids infiziert hat, dies jedoch vor der Öffentlichkeit geheim zu halten versucht. Derweil wird Prior von Visionen eines weiblichen Engels heimgesucht, der ihn als modernen Propheten auserkoren hat.

Roy Cohn gab es wirklich. Eines seiner Bücher heißt: Only a Miracle Can Save America From the Red Conspiracy. Nur ein Wunder kann Amerika vor der Roten Verschwörung retten. Er war ein enger Mitarbeiter des Senators McCarthy, der mit den antikommunistischen Anhörungen, Charlie Chaplin wurde des Landes verwiesen, Brecht rettete sich durch schweyk-artige Antworten und reiste sofort aus, viele kamen auf die Schwarze Liste und hatten dadurch jahrelanges Arbeitsverbot, Disney denunzierte und Roy Cohn immer dabei. Er war schwul und verfolgte Schwule, er starb an AIDS und beharrte darauf, dass es Leberkrebs sei. Ein schizophrener Charakter durch und durch.


Justin Kirk


USA 2003
circa 352 Minuten
Fernseh-Serie in 6 Teilen
Regie: Mike Nichols, gebürtig Michael Igor Peschkowsky, geboren in Berlin

Eine Auswahl seiner Filme:
1966: Wer hat Angst vor Virginia Woolf?(Who’s Afraid of Virginia Woolf?), nach dem Bühnenstück von Edward Albee
1967: Die Reifeprüfung (The Graduate), nach dem Roman von Charles Webb
1970: Catch 22, nach dem Roman Der IKS-Haken von Joseph Heller
1971: Die Kunst zu lieben (Carnal Knowledge)
1983: Silkwood
1988: Biloxi Blues nach dem Bühnenstück von Neil Simon
1990: Grüße aus Hollywood (Postcards from the edge)
1995: Der Birdcage - Ein Paradies für schräge Vögel (The Birdcage), nach dem Bühnenstück La Cage aux folles von Jean Poiret
2001: Wit - nach dem Bühnenstück von Margaret Edson
2003: Angels in Amerika TV-Miniserie
2007 Hautnah (Closer) nach dem Bühnenstück von Patrick Marber

Besetzung "Engel in Amerika"

Roy Marcus Cohn - Al Pacino
Rabbi Isidor Chemelwitz - Meryl Streep
Hannah Porter Pitt - Meryl Streep
Ethel Greenglass Rosenberg - Meryl Streep
Engel Australien - Meryl Streep
Engel Amerika - Emma Thompson
Schwester Emily - Emma Thompson
Prior Walter - Justin Kirk
Engel Ozeanien - Ben Shenkman
Louis Ironson - Ben Shenkman
Harper Amaty Pitt - Mary-Louise Parker
Norman Arriaga - Jeffrey Wright
Mr. Lies - Jeffrey Wright
Engel Europa - Jeffrey Wright


Bevor Mike Nichols begann Filme zu machen, war er ein berühmter Radio- und, später, Fernsehkomiker und dann ein erfolgreicher Broadwayregisseur.


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