Mittwoch, 30. November 2011

Walter von der Vogelweide - „Magdeburger Weihnacht“ ein Ausschnitt


Der Dom Sankt Mauritius und Katharinen in Magdeburg
 
Der Magdeburger Dom ist wunderschön. Die Stadt in Schutt und Asche nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hat, zumindest im Zentrum, den Charme der DDR-Architektur der 70er und 80er Jahre, aber der Dom und das Kloster Unserer Lieben Frauen, hinreißend.
Wenn mich mein Vater, geborener und begeisterter Magdeburger, durch die Stadt führte, war das ein ganz seltsamer Vorgang. Er sah vor seinen erinnernden Augen, die geliebte barocke Stadt des Vorkrieges, ich sah die häßliche Gegenwart.

Der Innenhof © Hans-Joachim Hellgert

Am Weihnachtstag 1199 war im ottonischen Kaiserdom zu Magdeburg Philipp von Schwaben, der Konkurrent Ottos IV., zum deutschen König gekrönt worden – Otto selbst hatte in der Krönungskirche in Aachen dieselbe Prozedur durchlaufen. Walther von der Vogelweide, der auch Otto IV. in einem Lied, dem Ottenton, feierte, hatte mit seinem Sangspruch zur Magdeburger Weihnacht dem Konkurrenten Philipp gehuldigt.
Es war das letzte glanzvolle Fest im ottonischen Bau. Am Palmsonntag 1207 zieht der neue Erzbischof Albrecht glanzvoll hier ein – wenige Tage später, am Karfreitag, wird der gewaltige Bau ein Opfer der Flammen. 

Der II. Spruch aus dem 1. Philippston Walthers von der Vogelweide: „Magdeburger Weihnacht“
Walther von der Vogelweide, damals Parteigänger der Staufer, schildert Vorgänge von der Magdeburger Weihnacht 1199 , einem „unglaublich großartig“, wie Zeitgenossen überliefern, verlaufenen Fest, das Philipps Kanzler Konrad zur Herrschaftsdarstellung Philipps im Thronstreit in Szene gesetzt hatte.
Ez gienc eines tages, als unser hêrre wart geborn
von einer maget, die er im ze muoter hât erkorn,
ze Megdeburc der künic Philippes schône.

da gienc eins keisers bruoder und eins keisers kint
in einer wât, swie doch die namen drîge sint,
er truoc des rîches zepter und die krône.
Er trât vil lîse, im was niht gâch,

im sleich ein hôhgeborne küniginne nâch,
rôse âne dorn, ein tûbe sunder gallen.
diu zuht was niener anderswâ,
die Düringe und die Sahsen dienten alsô dâ,
daz ez den wîsen müeste wol gevallen.
Textvorlage: Walther von der Vogelweide. Leich, Lieder, Sangsprüche. 14. völlig neubearbeitete Auf- lage der Ausgabe Karl Lachmanns, hrsg. v. Christoph Cormeau. Walter de Gruyter Berlin, New York 1996, S.37
Die Düringe und die Sahsen dienten im Rahmen der Magdeburger Prozession Philipp von Schwaben. Der Grund der Erwähnung des Dienstes im Spruch zur Magdeburger Weihnacht und seine Art unterscheiden sich. Walther von der Vogelweide meinte mit dem Dienst der Sahsen vermutlich den Dienst Bernhard von Sachsen. Dieser führte im Rahmen der Prozession den Schwertträgerdienst aus. Im Bericht in der Halberstädter Bischofschronik über die Magdeburger Weihnacht fand dies Erwähnung, was ein Indiz für die Wichtigkeit des Schwertträgerdienstes war. Mit dem Dienst der Düringe bezeichnete Walther vermutlich den Dienst des Landgrafen Hermann von Thüringen im Rahmen der Magdeburger Prozession. Der Dienst Hermanns von Thüringen fand nicht an exponierter Stelle statt. Es liegen auch keine Quellen vor, die die Form des Dienstes des Hermanns von Thüringen beschreiben. Nellmann geht davon aus, dass der Dienst darin bestanden habe, dass „der Landgraf (und sein Gefolge) sich an der ihm zukommenden Stelle in der Prozession einreihte“.
Philippes ist die abgeschwächte lateinische Namensform von Phillip.
Drei Personen waren in Philipp vereinigt: der König, eines Kaisers Sohn und eines Kaisers
Bruder: kürzer konnte sein Anspruch auf die königliche Würde nicht 
dargethan werden. 
Irene hieß in Deutschland Maria, deren Beinamen hier auf sie übertragen werden. 

 Dieses Herrscherpaar im Magdeburger Dom wurde als Otto I und Edgitha angesehen. Möglicherweise stellen die Figuren aber auch "König der Könige und Ecclesia" dar, also Jesus, und die personifizierte Darstellung der christlichen Kirche.

1 Kommentar:

  1. Von der Vogelweide. Ein Name wie ein ausgebreitetes großes Bild. Die Sprache so schön, eigenartig fremdvertraut.

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